
Gaza-Verhandlungen: USA und Israel rufen Delegationen aus Doha ab

Im Ringen um eine Waffenruhe für den Gazastreifen haben Israel und die USA ihre Verhandlungsteams zurückgerufen. Fast drei Wochen nach Beginn der jüngsten Gesprächsrunde im katarischen Doha hätten die USA beschlossen, ihre Delegation abzuziehen, um sich in Washington weiter zu beraten, erklärte der US-Sondergesandte Steve Witkoff am Donnerstag in Onlinemedien. Er warf der Hamas eine Blockadehaltung vor. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kündigte indes die Anerkennung eines palästinensischen Staates an.
"Getreu seinem historischen Engagement für einen gerechten und dauerhaften Frieden im Nahen Osten habe ich beschlossen, dass Frankreich den Staat Palästina anerkennen wird", erklärte Macron am Donnerstag in mehreren Onlinediensten. Er werde dies "im September dieses Jahres auf der Generaldebatte der Vereinten Nationen feierlich verkünden".
Frankreich, Deutschland und Großbritannien wollen unterdessen in einem "Notfallgespräch" am Freitag über die Lage im Gazastreifen beraten, wie der britische Premierminister Keir Starmer erklärte. Die sogenannten E3-Staaten wollten Möglichkeiten erörtern, um "das Töten schnell zu beenden" und dafür zu sorgen, dass die Menschen im Gazastreifen "mit den Lebensmitteln versorgt werden, die sie dringend brauchen", erklärte Starmer. Zudem wolle er mit Berlin und Paris besprechen, wie ein dauerhafter Frieden zwischen Israel und der Hamas erreicht werden könne.
Zu den abgebrochenen Verhandlungen um eine Feuerpause im Gazastreifen betonte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, seine Regierung sei trotz des Rückzugs des israelischen Verhandlungsteams aus Doha weiter an einer Einigung mit der Hamas interessiert. "Wir arbeiten daran, ein weiteres Abkommen zur Freilassung unserer Geiseln zu erreichen", sagte Netanjahu in einer Ansprache. Sollte die Hamas diese Bereitschaft zu Verhandlungen als "Schwäche" interpretieren oder als Gelegenheit sehen, "Kapitulationsbedingungen zu diktieren, die den Staat Israel gefährden, irrt sie sich gewaltig".
Israel hatte seine Unterhändler am Donnerstag zu Beratungen zurückbeordert, nachdem die Hamas zuvor auf einen israelischen Waffenruhe-Vorschlag geantwortet hatte. Netanjahus Büro erklärte, es habe die Antwort erhalten und prüfe diese.
Die Antwort der Hamas enthielt laut palästinensischen Verhandlungskreisen Änderungsvorschläge zu Klauseln über die Lieferung von Hilfsgütern in den Gazastreifen, zu Karten der Gebiete, aus denen sich die israelische Armee zurückziehen soll sowie zu Garantien für ein dauerhaftes Ende des Krieges.
Witkoff warf der radikalislamischen Hamas einen mangelnden Willen zur Einigung vor. Die jüngste Antwort der Palästinenserorganisation zeige "deutlich, dass keine Bereitschaft besteht, eine Feuerpause in Gaza zu erreichen". "Während sich die Vermittler sehr bemüht haben, scheint die Hamas nicht koordiniert oder in gutem Willen zu handeln", schrieb Witkoff weiter in Onlinemedien. Die US-Regierung erwäge deswegen "alternative Möglichkeiten bei der Heimbringung der Geiseln und dem Versuch, für die Menschen in Gaza eine stabilere Umgebung zu schaffen".
Vertreter Israels und der Hamas im Gazastreifen führten seit dem 6. Juli in Doha unter Vermittlung Katars, Ägyptens und der USA indirekte Gespräche, um eine Einigung zu erzielen, die zu einer Waffenruhe und der Freilassung der israelischen Geiseln führt. Beide Seiten werfen sich gegenseitig vor, in ihren zentralen Forderungen nicht nachzugeben.
Für Israel ist die komplette Zerschlagung der Hamas nicht verhandelbar, während die Hamas feste Garantien für einen dauerhaften Waffenstillstand, den vollständigen Rückzug der israelischen Truppen und den ungehinderten Zugang von Hilfsgütern in das Palästinensergebiet fordert.
Von den 251 bei dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 verschleppten Geiseln werden 49 noch immer im Gazastreifen festgehalten - 27 von ihnen sind nach Angaben der israelischen Armee tot.
Israel gerät indes wegen der verheerenden humanitären Lage im Gazastreifen zunehmend unter Druck. Mehr als hundert Hilfsorganisationen warnten am Mittwoch vor einem "massenhaften Verhungern" in dem Palästinensergebiet.
Israel weist die Kritik zurück. Die Regierung wirft der Hamas vor, die Verteilung von Hilfsgütern im Gazastreifen zu behindern, die humanitären Lieferungen selbst zu plündern, Nahrungsmittel zu überhöhten Preisen zu verkaufen und auf Hilfesuchende zu schießen.
Israel bestreitet zudem, die Einfuhr von Hilfslieferungen in den Gazastreifen zu blockieren. Die für zivile Angelegenheiten zuständige Abteilung des israelischen Verteidigungsministeriums (Cogat) erklärte am Donnerstag auf X, am Mittwoch seien 70 Lastwagen mit Essenslieferungen an für Hilfslieferungen geöffneten Grenzübergängen ausgeladen worden. 150 Lastwagen seien von der UNO und weiteren internationalen Hilfsorganisationen abgeholt worden. Über 800 LKW warteten darauf, abgeholt zu werden.
Hilfsorganisationen hingegen werfen Israel vor, nicht ausreichend Genehmigungen für humanitäre Lieferungen auszugeben. Zudem sei die Verteilung von Gütern in einem Kriegsgebiet schwierig.
J.Simon--PS