
Großbritannien will Ärmelkanal-Migranten nach Frankreich zurückschicken

Großbritannien will künftig Migranten, die über den Ärmelkanal kommen, wieder nach Frankreich zurückschicken. Für jeden zurückgeschickten Menschen werde Großbritannien einen Migranten legal einreisen lassen, kündigte der britische Premierminister Keir Starmer am Donnerstag in London an. "Ich freue mich, unser Abkommen über dieses nie dagewesene Pilotprojekt anzukündigen", sagte Starmer bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Nur Menschen, die zuvor nicht versucht hätten, illegal nach Großbritannien zu kommen, hätten eine Chance auf eine legale Einreise, betonte er.
Macron verwies darauf, dass es seit dem Brexit kein Migrationsabkommen mehr zwischen Großbritannien und der EU gebe. "Die derzeitige Situation schafft einen Anreiz, dass Menschen sich zur Überquerung des Ärmelkanals entscheiden", kritisierte er.
Voraussichtlich geht es bei den Migranten, die legal einreisen sollen, in erster Linie um Menschen, die bereits Familie in Großbritannien haben. Nach Informationen der Zeitung "Le Monde" geht es um etwa 50 Migranten pro Woche, eine "symbolische" Zahl.
Seit Jahresbeginn haben bereits mehr als 21.000 Einwanderer den Ärmelkanal irregulär überquert, etwa 50 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Bis Jahresende könnte eine neue Höchstzahl erreicht werden. In diesem Jahr kamen bei den Überfahrten schon mindestens 15 Menschen ums Leben.
Viele Migranten wollen von Frankreich nach Großbritannien weiter, weil sie Englisch sprechen, weil es dort keine Ausweispflicht gibt, und weil sie im Fall eines abgelehnten Asylantrags es ein zweites Mal versuchen können. Das Geschäft mit den Überfahrten ist in der Hand international organisierter Schleuserbanden, die Plätze in den überfüllten Schlauchbooten für mehrere tausend Euro verkaufen.
Großbritannien zahlt Frankreich seit dem Sandhurst-Abkommen 2018 Geld dafür, die Zahl der Überfahrten einzudämmen - ohne großen Erfolg. Sobald das Boot auf dem Wasser ist, dürfen Sicherheitskräfte nach internationalem Seerecht nur eingreifen, wenn es sich in Seenot befindet.
Nach den Vorstellungen des französischen Innenministers Bruno Retailleau sollen französische Sicherheitskräfte Migrantenboote künftig bis zu 300 Meter vor der Küste stoppen können. Kritiker befürchten, dass dies zu noch mehr Unfällen führen könnte.
G.Durand--PS