
Debatte um "Drecksarbeit"-Äußerung: Merz will weiter Klartext reden

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) will sich in Fragen der internationalen Politik auch künftig mit undiplomatischen Formulierungen zu Wort melden. "Die Bürgerinnen und Bürger spüren sehr genau, wenn die Führung eines Landes herumdruckst", sagte Merz im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" (Samstagsausgabe). "Zur Außenpolitik gehört nicht nur Diplomatie, sondern auch analytische Klarheit."
Der Kanzler bezog sich dabei auf seinen Gebrauch des Wortes "Drecksarbeit", der viel Aufsehen erregt hatte. Merz hatte die israelischen Angriffe auf iranische Atomanlagen mit den Worten begrüßt: "Das ist die Drecksarbeit, die Israel macht für uns alle."
Auf die Frage der "Süddeutschen", ob er seine Wortwahl bedaure, antwortete der Kanzler: "Nein". Er warnte: "Wenn wir die Dinge nicht beim Namen benennen, übernehmen das die Falschen für uns."
Merz bekräftigte seine Sympathie für die Angriffe Israels und der USA auf den Iran und wies Forderungen zurück, diese als völkerrechtswidrig einzustufen. "Natürlich gilt das Völkerrecht für uns. Ich will gar keine völkerrechtliche Einordnung vornehmen", sagte er.
Ihm stellten sich aber Fragen: "Kann man ernsthaft behaupten, dass Israel gegen Iran einen Präventivschlag geführt hat? Oder wird seit dem 7. Oktober 2023 Krieg geführt gegen Israel mit einer Hamas, die von Iran finanziert wird?" Israel wehre sich "gegen die Hintermänner dieses Krieges und gegen die existenzielle Bedrohung durch eine iranische Atombombe".
Skeptisch äußerte sich Merz zur Möglichkeit eines Telefonats mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin. "Auf das letzte Telefonat mit meinem Amtsvorgänger folgten Bomben auf ein Kinderkrankenhaus", betonte der Bundeskanzler. "Wenn das also das Ergebnis solcher Telefonate ist, würde ich noch lange davon Abstand nehmen."
Auch US-Präsident Trump zeige gegenüber Putin eine "wachsende Skepsis" und werde kritischer, sagte Merz. In Europa gebe es eine große Übereinstimmung in der Bewertung des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. "Ich glaube, Präsident Trump nähert sich dieser Einschätzung an", sagte der CDU-Politiker weiter.
In Teilen der deutschen Bevölkerung gebe "es eine tief sitzende Kriegsangst", stellte Merz fest. "Ich teile sie nicht, aber ich kann sie nachvollziehen. Prinzipiell ist es richtig, alle Wege zu einem Frieden zu suchen." Nötig sei aber ein realistischer Blick auf die imperialistischen Absichten Russlands.
Der Kanzler verwies auf die auf Beschwichtigung Nazi-Deutschlands ausgerichtete Appeasement-Politik vor dem Zweiten Weltkrieg. "Wir dürfen einen solchen Fehler nicht noch einmal machen", warnte er.
Als "Etappenziel dieser Wahlperiode" nannte Merz, dass die Koalition aus CDU/CSU und SPD "stabil über 50 Prozent" in den Umfragen liege. Dabei wandte er sich insbesondere an die SPD, die am Freitag zu ihrem Parteitag zusammenkam.
"Ich habe auch kein Interesse daran, dass die SPD scheitert", sagte der CDU-Chef. "Wenn die SPD wieder über 20 Prozent kommt, dann freut mich das genauso, wie wenn wir in der Union wieder über 30 Prozent kommen."
R.Fournier--PS