
Frankreich führt Gedenktag für jüdischen Offizier Dreyfus ein

Frankreich führt einen Gedenktag für den vor gut 130 Jahren zu Unrecht wegen Verrats verurteilten jüdischen Offizier Alfred Dreyfus ein. Künftig werde Dreyfus alljährlich am 12. Juli geehrt, dem Jahrestag seiner Rehabilitierung, erklärte Präsident Emmanuel Macron am Samstag. Macron rief gleichzeitig zu ständiger Wachsamkeit gegen die "alten Dämonen" des Antisemitismus auf.
Mit dem Gedenktag solle "der Sieg der Justiz und der Wahrheit über den Hass und den Antisemitismus" gefeiert werden, erklärte der Staatschef. Erstmals soll der Tag am 12. Juli kommenden Jahres begangen werden, dem 120. Jahrestag der Anerkennung von Dreyfus' Unschuld durch den Kassationsgerichtshof als höchstes französisches Strafgericht.
Der Generalstabsoffizier Dreyfus war vor dem Hintergrund antisemitischer Anfeindungen zu Unrecht als Spion des damaligen deutschen Kaiserreichs denunziert und 1894 verurteilt worden. Wegen Hochverrats wurde er auf die berüchtigte Teufelsinsel in Französisch-Guyana in die Verbannung geschickt.
Die Dreyfus-Affäre erschütterte und spaltete die Dritte Französische Republik. In der Presse gab es damals eine Hasskampagne gegen eine angebliche jüdische Verschwörung mit den Deutschen. Zwei Jahre nach seiner Verurteilung kam heraus, dass eine Dreyfus zugeschriebene Nachricht, die sich im Papierkorb der deutschen Botschaft in Paris fand, von einem anderen Offizier stammte.
Der Schriftsteller Émile Zola machte den Justizirrtum mit seinem legendär gewordenen Offenen Brief "J'accuse" ("Ich klage an") bekannt. Der Pariser Kassationshof hob die Verurteilung schließlich 1906 auf.
Trotz Dreyfus' juristischer Rehabilitierung wirkten die damalige Anti-Dreyfus-Stimmung und der damit verbundene Antisemitismus bis heute fort, beklagte Präsident Macron am Samstag. Den "von Hass genährten alten Dämonen des Antisemitismus" müsse ständige Wachsamkeit entgegengesetzt werden - "heute mehr denn je".
Der frühere Präsident Jacques Chirac ehrte Dreyfus 2006 mit einem Staatsakt. Eine Überführung von dessen sterblichen Überresten in das Pantheon in Paris, wo Frankreich seine Helden und besonders verdiente Persönlichkeiten ehrt, lehnte er jedoch ab. Auch Macron folgte einer entsprechenden Forderung bislang nicht.
Im Juni beschloss die französische Nationalversammlung einstimmig, Dreyfus postum zum Brigadegeneral zu ernennen und ihm damit praktisch die Fortsetzung seiner durch seine Verurteilung beendeten militärischen Karriere zu ermöglichen.
R.Poirier--PS